Die Besser-Muslime

Die Besser-Muslime

12. März 2019

Sind kopftuchtragende Frauen gläubiger als Frauen ohne Kopfbedeckung? Das scheinen noch immer viele zu denken – Muslime wie Nichtmuslime. Dabei ist der Koran in der Kopftuchfrage keineswegs so entschieden, wie viele glauben. Und er hält auch in Sachen Erteilung kluger Ratschlägen ein paar interessante Empfehlungen bereit. Eine Betrachtung.

© Nicole Zaridze

Freitagnachmittag, Zeit für das Mittagsgebet. Eine Frau kommt in die Moschee, um das Gebet zu verrichten und die Predigt anzuhören. Kaum ist das „Assalam Alaykum“ zu Ende gesprochen, da folgt zum wiederholten Male die Frage: „Und, wann wirst du endlich Kopftuch tragen? Es ist deine Pflicht, es zu tragen, um zu zeigen, dass du gläubig bist“. Am Abend dann das Gespräch mit den deutschen Eltern: Man erkenne durch das Kopftuch ja gar nicht, wie die Frau darunter wirklich aussieht. Das wäre nicht integriert, das wäre unhöflich gegenüber dem Gesprächspartner und altmodisch wäre es sowieso. Man müsse seine Religion nicht jedem zeigen, nicht jedem aufzwingen.

Solche Alltagssituationen zeigen ein Vorurteil, das sowohl unter Muslimen als auch Nichtmuslimen kursiert: Das Tragen eines Kopftuchs signalisiert die Religiosität der Trägerin. Das Nicht-Tragen hingegen steht für Integration, dafür, dass die Religion nicht zentraler Bestandteil im Leben ist. Für Nichtmuslime mag vor allem letzterer Punkt eine gute Nachricht sein. Von muslimischer Seite erntet sie jedoch mitunter Abfälligkeit. Doch wer definiert, wie Glaube aussehen muss? Lässt sich anhand des Kopftuchs messen, wie gläubig oder nicht-gläubig eine Frau ist? Ist eine Frau ohne Kopftuch automatisch nicht gläubig?

Der Islam gibt keine bestimmte Kleiderordnung vor. Es ist jedem überlassen, welche Kleidung er trägt. Dennoch kennt der Islam bestimmte Richtlinien, an die sich Muslime halten sollen. Religiosität wird nicht an der Kleidung gemessen. Dennoch ist die Bedeckungspflicht im Islam nicht von der Hand zu weisen.

Solche Alltagssituationen zeigen ein Vorurteil, das sowohl unter Muslimen als auch Nichtmuslimen kursiert: Das Tragen eines Kopftuchs signalisiert die Religiosität der Trägerin.

Der entscheidende Punkt ist: Gelehrte geben keine genaue Definition, was alles unter „Schmuck“ zu verstehen ist. Demnach ist nicht eindeutig festgelegt, ob etwa die Haare zum Schmuck zählen und daher bedeckt sein sollten oder nicht. Im Islam gilt jedenfalls als verwerflich, dass die Frau versucht mit ihrem „Schmuck“ – ein Wort, das nicht genauer definiert ist – Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Von muslimischer Seite wird Frauen ohne Kopftuch oft vermittelt, sie seien nicht religiös genug und das Tragen des Kopftuchs würde ihr Ansehen in der Gesellschaft steigern. Vor allem in den sozialen Netzwerken geben sich Frauen mit und ohne Kopftuch gegenseitig manchmal arrogant anmutende Ratschläge, wie der Glaube richtig auszuleben sei.

Einen Ratschlag zu geben und den Anderen zum Guten aufzurufen, spielen im Islam eine wesentliche Rolle. Dabei ist wichtig, dass der Ratgeber die beste Redeweise verwendet und Ratschläge mit einem guten, barmherzigen Herz erteilen sollte. Es sollte außerdem kein Zwang ausgeübt werden und der Ratgeber sollte dabei Geduld haben, sonst werde sein Aufruf keinen Erfolg bringen. Der Ratschlag sollte nicht öffentlich erfolgen. Ziel des Ratschlags sollte sein, aus seinem Adressaten einen besseren Menschen zu machen.

#herkunft #integration

  • von Ayman Khaled/ Lena Geilert
  • am 12. März 2019

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